Die Oberpfalztour
Die In der Oberpfalz sind wir Zuhause  

Von der Reeperbahn in die Brandlberger Strasse – ein Hamburger in Regensburg

 Was sich heute alles virtuell abspielt, dass war früher mein Leben: alles war möglich, alles war quirlig, eine einzige endlose Party, eine Sensation jagt die nächste. Mein Leben war so prall gefüllt – das reicht locker für 10 normale Ottos´s“ erzählt uns Udo, den wir in den Regensburger Arkaden zufällig kennenlernen. Er sitzt beinahe lässig auf seinen Rollator und sieht uns zu, wie wir im Handy tippen. Wir freuen uns über die unerwartete Ansprache und lassen uns gerne auf seine Gesichte ein. Alte Bäume soll man nicht verpflanzen, aber seine Tochter lebt in Regensburg und seit seinem Schlaganfall wohnt er nun eben auch hier. "....das war nicht ganz freiwillig, aber was soll man machen". Alleine konnte er nicht mehr wohnen und ins Altenheim wollte er nicht. Daher wurde er halt „umgepflanzt“, nach Bayern. Seine Tochter lebt hier seit ihrem Studium, wegen der Liebe sei sie danach hier geblieben und arbeitet nun in der Uniklinik. Auf sie ist er sehr stolz und daher hat er sich mit der Wohnsituation auch arrangiert. Eine kleine Wohnung in ihrer Nähe, einmal am Tag kommt die häusliche Pflege. Aber im Herzen und da gibt’s aber auch wahrlich nichts dran zu rütteln, wird er immer ein echter Hamburger Jung bleiben. 

Geboren wurde Udo 1950 im Stadtteil Altona- gleich vor dem legendären Kiez. Seine Eltern waren einfache Bürger Hamburg´s. Beide gingen in der Fabrik arbeiten, seine Mutter verdiente sich am Wochenende noch etwas nebenbei im Kaffeehaus am Park. Sein älterer Bruder starb mit gerade einmal 19 Jahren bei einem Unfall, mehr Familie gab es für Udo nicht. Schon früh zog es ihn wie viele seiner Freunde damals auch, auf die Reeperbahn. Das große Tor zur Welt, die Landungsbrücken, St. Pauli- alles erschien so verlockend. Denn man wollte anders leben als die Eltern und die Großeltern. Man war eine andere Generation, man rebellierte gegen alles und jeden. St. Pauli, dort organisierte sich die Welt neu, dort gab es neben Kleinganoven auch die schönsten Frauen der Welt, Geld spielte keine Rolle, alles schien möglich. Keine Grenzen, alles erreichen, ein Teil der neuen Gesellschaft werden- genau da wollte man dazu gehören, eine der legendären Kiezgrößen werden. Bis ganz nach oben, so erzählt uns Udo hat er es nie geschafft: „...aber ja, die Kiezgrößen wie Wilfried "Frieda" Schulz, Harry Voerthmann oder auch der Wiener Peter waren damals Vorbilder für uns“. Udo selbst stand nie ganz vorne, sondern verdiente sich immer in den hinteren Reihen seinen Lohn. 

Er arbeitete Türsteher, war das „Mädchen für alles Handwerkliche“ und zeitweise auch als Chauffeur aktiv. Denn auch für die Promis war Sankt Paul immer schon ein Magnet. Zeitweise hat Udo sogar über seinem eigenen kleinen  Kiosk nahe der Herbertstraße gewohnt, bis er dann „bodenständiger“ wurde. „Zwar hab ich nie das klassische gutbürgerliche Leben gelebt, dass meine Eltern mir vorgelebt haben. Aber ich habe nie Stütze kassiert oder war auf Unterstützung angewiesen. Ich habe immer gearbeitet, und wenn ich nur die Toiletten am Morgen geschrubbt habe, den Dreck weg geputzt habe“. Als er 1990 seine verstorbene Frau Inge kennen gelernt hat, war für ihn klar, dass er nicht mehr Nachts arbeiten will. Schließlich habe er nun Verantwortung zu tragen. Die Tochter kam, Udo verdiente sein Geld als Touristenführer, fuhr später auch Taxi und einen der legendären roten Doppeldecker in Hamburg. Wichtig war für ihn, dass für die Tochter da sein konnte und ihr das Studium ermöglichen konnte, denn als seine Inge starb, „...war die Kleine doch erst 8 Jahre alt“. Vor 5 Jahren dann sein Schlaganfall, aus heiterem Himmel. Udo macht auf uns einen sehr ehrlichen Eindruck, wir fragen ihn ob denn die Reeperbahn wirklich immer noch so sündig sei wie früher. „Ach Deern, die Reeperbahn wird immer die sündigste Meile der Welt bleiben, dabei ist sie nur eine kleine Straße. Aber der Kiez, mein St. Paui -dass war schon was besonderes. Dass war anders als jetzt und daher ist es schon gut, jetzt hier zu sein“.

Oberpfalztour Anmerkung: die Reeperbahn, der Kiez auf Sankt Pauli ist ein rund 800Tsd. Quadratmeter großes Areal, nahe des Hafens, dass wahrlich viel zu bieten hat: ca. 500 Kneipen, 6 Theater, 4 Museen, unzählige Livebühnen, das legendäre Wachsfiguren-Kabinett, zig Spielhallen und Casinos, Erotik und Amüsierbetriebe, 8 Tattoo Studios sowie eine unendlich anmutende Auswahl an Imbissbuden und Kioske.